Freitag, 3. Mai 2019

noli me tangere

Wir wurden - als Teilnehmer an einem Volkshochschulkurs - darauf hingewiesen, dass es in meiner Geburtsstadt jetzt eine Tizian-Ausstellung gibt. Für uns kulturell interessierte Menschen sollte in dem Zusammenhang dann auch ein Kursabend für den Austausch und die Diskussion über Tizian bzw. über die Ausstellung stattfinden - also heute.

Ein Kurskollege widmete sein Kurzreferat der Entwicklung von Tizian als Maler - die frühen Bilder sind viel farbiger, als das Spätwerk. Ein anderer hatte sich das Reiter-Bildnis von Karl V. vorgenommen und ging auf dessen Wirken ein - sein Reich, "in dem die Sonne niemals untergeht" und stellte die gewagte These auf, dass dieser Kaiser letztendlich für den "sacco di Roma" und den 30-jährigen Krieg mit verantwortlich sei.

Und "das Mariechen" (your's sincerely) wählte sich Tizians frühes (ca. 1514) Werk "noli me tangere" (Quelle):


(what did you expect?). Natürlich muss zur Erklärung des Bildes erst einmal das Osterevangelium nach Johanes erzählt werden. Und danach gibt es die "Einrahmung" durch zwei andere Werke zum selben Thema:  Ein Fresco von Fra Angelico (Quelle) von ca. 1440 und ein Ölgemälde von Alexander Andrejewitsch Iwanow (Quelle) von 1835.
Die Ikonographie der Maria ist recht ähnlich: Rotes Gewand, weißer Schleier und offene Haare (die sie als Prostituierte kennzeichnen). Bei Tizian allerdings ist der Herr mehr oder weniger unbekleidet (im Gegensatz zu den meisten anderen Darstellungen). er steht links von Maria und wendet sich ihr zu, beugt sich zu der Knieenden hinunter. In den meisten anderen Darstellungen ist er bereits himmelwärts unterwegs und wendet nur den Blick zu Maria zurück. Diese Zuwendung - das gefällt mir besonders an dem Bild.

Was mich erschreckt hat: Die Kommentare der anderen Kursteilnehmer. Ich hatte erwartet, dass das Osterevangelium allgemein bekannt ist, dass die Kurskollegen wissen, wer Maria Magdalena ist - und stieß auf tiefe Ahnungslosigkeit. Gut, der Kurs findet nicht in meinem Bistum Würzburg statt, sondern in der hessischen Diaspora, jenseits der Landesgrenze. Aber auch dort - bei evangelischen Mitchristen - hätte ich etwas mehr Bibelkenntnis erwartet. Christliches Deutschland? Anscheinend eher nicht ...

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